VOSS Chronik 100 Jahre

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100 JAHRE 1925–2025

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100 JAHRE 1925–2025

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GRUSSWORT ZUM 100-JÄHRIGEN JUBILÄUM DER GROSSWÄSCHEREI VOSS V EREHRTE LESER, LIEBE KUNDEN UND MITARBEITER, ein Jahrhundert unternehmerischer Erfolg – das ist eine Leistung, die allerhöchste Aner kennung verdient. Anlässlich dieses sehr besonderen Jubiläums haben wir diese Unter - nehmenschronik verfasst. Seit der Gründung im Jahr 1925 steht der Name Voss für Qua- lität, Verlässlichkeit und Innovationskraft im Bereich der pro- fessionellen Textilpflege. Was einst als kleines Familienunter- nehmen begann, hat sich über die Jahrzehnte hinweg zu einem modernen, leistungsstarken Dienstleister entwickelt – und ist dabei stets seinen Werten treu geblieben.

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Hinter diesem Erfolg stehen nicht nur mutige Entscheidungen und unternehmerischer Weitblick, sondern vor allem Men- schen: Generationen von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit ihrer Arbeit und ihrem Einsatz täglich zum guten Ruf des Unternehmens beitragen. Sie alle haben mit dafür gesorgt, dass sich die Großwäscherei Voss über 100 Jahre hinweg im Wandel der Zeit behaupten konnte. Das 100-jährige Jubiläum ist ein besonderer Moment – ein Anlass zum Feiern, zum Innehalten und zum Dank. Es ist aber auch ein Ansporn, weiterhin mit Verantwortung, Qualität und Kundenorientierung in die Zukunft zu gehen. Wir wünschen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so- wie Partnerinnen und Partnern von Voss für die kommenden Jahre weiterhin Erfolg, unternehmerischen Mut und vor allem Gesundheit. Viel Freude beim Eintauchen in die kleine Zeitreise unseres Familienunternehmens. Ihre Familie Voss Melanie Voss-Franke Miriam Paul Rolf-Peter Voss

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6 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 1. KAPITEL MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE . 1925–1945 Waschen, Stärken, Bügeln . 1925 Schwere Anfangsjahre . 1926–1930 PORTRÄT . Adele und Richard Voss Von der Plätterei zur Wäscherei . 1931–1937 PORTRÄT . Günter und Anni Voss, geb. Kniese Schwere Kriegsjahre . 1939–1945 2. KAPITEL SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER . 1946–1973 Modernisiert in den Aufschwung . 1946–1948 Mit Sturmschaden ins Jubiläum . 1949–1950 Voss wird Großwäscherei . 1951–1955 Großkunden . 1957–1965 8 10 11 12 13 21 22 24 26 28 30 31 Automatisierte Abläufe für ein neues Geschäftsfeld . 1967–1972 34

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| INHALTSVERZEICHNIS | 7 36 38 42 43 45 48 49 52 54 58 62 64 66 71 74 3. KAPITEL EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER . 1973–2007 Saubere Leistung für Krankenhäuser . 1973–1984 Arbeiten und Feiern PORTRÄT . Rolf-Peter Voss Neue Wäscherei, neuer Service . 1992–1998 PORTRÄT . Melanie Voss-Franke und Miriam Paul Ein folgenschwerer Brand . 2007 4. KAPITEL WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT . 2007–2025 Ein Neubau für moderne Textildienstleistungen . 2008–2011 Investitionen für steigende Anforderungen Gemeinsam stärker: Kooperationen Sitex – überall in der Nähe Das wichtigste Kapital: die Mitarbeiter Neue Herausforderungen . 2020–2025 100 Jahre und mehr

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8 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 1. KAPITEL M IT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE 1925–1945 Im September 1925 wagen Adele Voss und ihr Mann Richard den Schritt in die Selbständigkeit: In ihrer eigenen Wohnung eröffnen sie eine kleine Plätterei – Küche und Schlafzimmer werden zum Arbeitsplatz. Bald nehmen sie das Waschen in ihr Angebot auf und investieren in neue Maschinen. Nach Richards frühem Tod übernimmt der älteste Sohn Günter Verant wortung. Gemeinsam mit seiner Mutter treibt er das Wachstum des Betriebs voran – selbst eine kriegsbedingte Pause kann ihren Unternehmergeist nicht bremsen.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 9 DER URSPRUNG DER WÄSCHEREI VOSS IN DER KLUSER HÖHE IN ELBERFELD.

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10 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 WASCHEN, STÄRKEN, BÜGELN . 1925 Herbst 1925: Adele und Richard Voss haben harte Jahre hinter sich. Die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg hat Richard seine leitende Position bei der Deutschen Bank in Elberfeld gekostet. Seitdem kämpft das Ehepaar ums finanzielle Überleben. Mit ih - ren beiden Söhnen Rolf und Günter müs - sen sie jeden Pfennig zweimal umdrehen. Doch statt zu resignieren, setzen sie alles auf eine neue Zukunft: Am 16. September melden sie in Elberfeld ihre „Stärkewäsche Bügelei“ an. Adele hat vor ihrer Hochzeit eine Lehre in einer Wäscherei und Färberei absolviert, sie ist eine erfahrene Büglerin. Warum sich also nicht mit einem eigenen Geschäft selbstän- dig machen? Denn die Zeiten, in denen in Körben keine Wäsche, sondern Stapel von Geldnoten transportiert worden sind, sind endlich vorbei. Noch vor wenigen Jahren hat eine verheerende Hyperinflation die Le- benshaltungskosten in die Höhe getrieben, doch die Währungsreform Ende 1923 hat eine dringend benötigte wirtschaftliche Sta- bilität gebracht und sorgt dafür, dass junge Unternehmer wie Adele und Richard Voss das finanzielle Risiko einer Selbständigkeit verlässlicher planen können. Leicht ist der Start allerdings nicht. Für ein Geschäftslokal fehlt das Kapital, das Ehe- paar nutzt die Küche und das Schlafzimmer der Familie in seiner Erdgeschosswohnung in der Kluser Höhe 23 in Elberfeld (heute Wuppertal). Weil es nur wenig Platz gibt, beschränkt sich der Betrieb zunächst auf das Waschen, Stärken und Bügeln von Ober- hemden und Hemdkragen, die damals noch separat getragen werden. Die Arbeit ist mühsam, geprägt von Hitze, Dampf und Handarbeit. In der kleinen Kü- che rumpelt die handbetriebene Wasch- maschine, während aus dem Waschkessel Dampfschwaden aufsteigen und den Raum mit feuchter Wärme füllen. Nach der Wä- sche werden die Textilien in die Stärkelö- sung getaucht. Adele kennt sicherlich noch Rezepte für Wäschestärke, hergestellt aus Kartoffeln und Weizen. Doch inzwischen gibt es Fertigstärke aus Reis zu kaufen, die einfach anzurühren ist. So verspricht der Hersteller Hoffmann, sein Produkt verleihe der Wäsche „eine blendende Weisse mit sil- berartigem Glanz“. DIE GRÜNDERIN ADELE VOSS MIT IHREM ÄLTESTEN SOHN RICHARD.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 11 Richard und Adele arbeiten Hand in Hand: Er bügelt mit geübten Bewegungen Kragen und Manschetten glatt, während sie mit sicherem Griff der Feinwäsche den letzten Schliff verleiht. Ihre Werkzeuge sind schwe- re Bolzeneisen – „Ochsenzunge“ genannte Bügeleisen mit einem glühend heißen Bol- zen im Inneren. Ein Bolzen wird stets im Küchenofen aufgeheizt, während der an- dere mit einem leichten Zischen über den Stoff gleitet. Sobald die Hitze nachlässt, wird blitzschnell gewechselt – ein endloser Kreislauf aus Glühen, Bügeln und erneuter Erhitzung. SCHWERE ANFANGSJAHRE . 1926–1930 Schon bald helfen dem Ehepaar Voss zwei Mitarbeiterinnen: Ida Dümsling, die eben- falls in dem Wohnhaus in der Kluser Höhe lebt, und Maria Wiese aus der Bandstraße im Norden der Stadt. Zwar wirft das Ge- schäft im ersten Jahr trotz zahlreicher Kun- den kaum Erträge ab, doch bald bessert sich die Lage. 1927 erwirbt das Ehepaar die ersten beiden Maschinen: Eine kleine- re, mit Gas beheizte Apparatur dämpft die Ecken und Kläppchenkragen – Stehkragen mit horizontal umgeschlagenen Spitzen. Die zweite Maschine bügelt Umlegekragen hohl, sodass sich die Krawatte leichter zie- hen lässt und die Halsschlinge elegant unter dem Stoff verschwindet. Die Wäschemengen wachsen, die eigene Wohnung reicht nicht mehr aus. In Abspra- che mit den übrigen Hausbewohnern des Mehrfamilienhauses nutzt Voss montags und dienstags exklusiv den Waschkeller und Speicher. Das schafft zwar Raum, doch nun müssen die schweren Körbe mit der nassen Wäsche über fünf Stockwerke vom Keller auf den Speicher getragen werden. Immer- hin rationalisiert die erste, 1928 angeschaff- te Mangel – die Walze ist einen Meter lang und 25 Zentimeter dick – das Plätten und erhöht so die Zahl der Wäschestücke. Doch die Arbeit bleibt hart. Wenn die Kra- gen auf der gasbeheizten Mangel vorgebü- gelt und später im Schnelldurchgang glan- ziert werden, muss Richard Voss die hand- betriebene Mangel fünf bis sechs Stunden ohne Pause drehen. Mit 15 Jahren löst der erstgeborene Sohn Günter seinen Vater an der gasbeheizten Mangel ab. Doch der Vater hatte sich aufgearbeitet. Am 10. Mai 1930, einen Tag vor dem Geburtstag seiner Frau, stirbt der 44-jährige an Herzversagen. Die Last des Unternehmens liegt nun auf den Schultern seiner Witwe und seiner noch minderjährigen Söhne Günter und Rolf, die in dem elterlichen Betrieb nach und nach mehr Verantwortung übernehmen. HANDARBEIT PRÄGT DEN ALLTAG: SILBERGLANZSTÄR-KE UND EIN BOLZENEISEN.

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12 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 PORTRÄT A DELE . 1888–1955 UND RICHARD VOSS . 1886–1930 Die treibende Kraft hinter der Gründung der Plätterei ist Adele Voss, geb. Heller. Nach ihrem Schulbesuch hat sie eine Ausbildung bei der Wäscherei Kamperman absolviert, damals mit 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der größten in Deutschland. In den eigenen Betrieb bringt Adele ihr fachliches Know-how ein, während sich ihr Mann, ein ehemaliger Bankbeamter, mit der Buchhaltung auskennt. Das Ehepaar startet den Betrieb auf niedrigem Niveau, doch mit viel Fleiß und Einsatzbereitschaft für die schwere Arbeit. Richard stirbt bereits 1930 an Herzversagen, danach führt Adele den Betrieb mit ihren noch minderjährigen Söhnen, dem 1913 geborenen Günter und dem 1919 geborenen Rolf, alleine weiter, bis Günter immer mehr Verantwortung übernehmen kann. Bis zu ihrem Tode im Oktober 1955 nimmt Adele trotz langer Krank- heit regen Anteil an der Fortentwicklung ihrer Wäscherei.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 13 VON DER PLÄTTEREI ZUR WÄSCHEREI . 1931–1937 Endlich elektrifiziert! 1929/30 wird die Stadt Elberfeld gemeinsam mit Barmen und eini- gen kleineren Gemeinden zu Wuppertal ver- einigt. Zwar gibt es in Elberfeld längst Elekt- rizitätswerke und auch die „Bergische Elek- trizitäts-Versorgungsgesellschaft“, doch erst die kommunale Neugliederung treibt den Ausbau der Infrastruktur voran. Die Kluser Höhe wird 1931 an die Stromversorgung an- geschlossen. Die Wäschemangel bekommt nun einen Elektromotor, das kraftraubende Drehen per Hand hat ein Ende. Doch treffen Wuppertal, wie ganz Deutsch- land, die Auswirkungen der Weltwirtschafts- krise hart. Die Stadt zählt 1930 gut 414.000 Einwohner; über 22.000 sind im April die- ses Jahres arbeitslos, im Dezember sind es bereits fast 35.000 Personen. Im Sommer 1931 schwindet das Vertrauen in das Fi- nanzwesen rapide. Täglich kündigen Gläubi- ger und Bankkunden Kredite und Einlagen in großen Mengen, bis schließlich die erste Bank ihre Zahlungen einstellen muss. Die Reichsregierung ordnet Bankfeiertage an und beschränkt die Verfügungsgewalt über Einlagen: Nur noch 20 Reichsmark pro Tag dürfen von Bank- oder Sparkassenkonten abgehoben werden. Voss besitzt zu diesem Zeitpunkt noch 2.000 Reichsmark auf einem Sparkonto der Konsumgenossenschaft „Vor- wärts-Befreiung“, einer der größten Kon- FRAU WIESE, ADELE, GÜNTER, ROLF VOSS UND MARGRET BECKER (V.L.) AN DEN MANGELN.

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14 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 sumgenossenschaften Deutschlands. Trotz der Beschränkungen gelingt es Adele Voss, das Geld für Investitionen einzusetzen: Sie kauft eine größere Mangel, die im August 1931 geliefert und installiert wird. Lieferant ist die Wuppertaler Firma Fritz Heiermann, die seit 1920 Wäschereien, Mangel- und Bü- gelbetriebe ausstattet – diese Geschäftsbe- ziehung besteht noch heute. Die Krise spüren auch andere Wäscherei- betriebe in Wuppertal. Zahlreiche alteinge- sessene Betriebe müssen aufgeben. Deren Kunden wechseln nun in großer Zahl zu Voss. Zudem sind jetzt gebrauchte Maschi- nen auf dem Markt zu haben, die sich Voss leisten kann: Als 1932 die Wäscherei Mer- kelbach den Betrieb einstellt, erwirbt Voss einen kompletten Oberhemdenpresssatz mit Brust-, Kragen- und Manschettenpres- sen, eine Kläppchenkragenpresse der Firma Kleindienst sowie einen 200 Liter fassen- den Wasserbottich aus Pitch Pine, einem sehr harten Nadelholz. Eine fast noch neue Zylinderdampfmangel im Wert von 17.000 Reichsmark kann Voss preiswert überneh- men, eine Waschmaschine mit 150 Kilo- gramm Fassungsvermögen ist für gerade einmal 35 Reichsmark zu haben. Seit 1933 ersetzt eine elektrisch betriebene Zentri- fuge der Marke Horst mit zehn Kilogramm Fassungsvermögen das kraftraubende Dre- hen der Wäsche durch die Wringmaschine. Als Rolf Voss im selben Jahr nach einem Unfall 200 Reichsmark Schadensersatz er- hält, ersteht Voss aus den Beständen einer stillgelegten Wäscherei die erste mit Kohle beheizte Trommelwaschmaschine für zehn Kilogramm Wäsche. Eine weitere mit Koh- le beheizte Zwei-Kammer-Waschmaschine wird 1934 aus den Beständen der geschlos- senen Wäscherei Sorgenicht in Elberfeld übernommen.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 15 DIE UM 1932 ERWORBENE ERSTE GROSSE WASCHMASCHINE.

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16 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 Voss investiert nicht nur in Bügel- und Waschmaschinen, sondern auch in Trans- portfahrzeuge, um sich im Bereich Dienst- leistungen neu aufzustellen. 1935 tauscht Günter Voss sein Motorrad – tatsächlich ei- ne sogenannte Schrittmachermaschine, die Radrennfahrern in Steherrennen Windschat- ten gibt — gegen den ersten Lieferwagen der Firma ein, einen amerikanischen Whippet Overland. Dessen Batterie ist allerdings so schwach, dass der Wagen meist angescho- ben werden muss. Doch durch das größe- re Transportvolumen des neuen Fahrzeugs kann Voss ein Netz von Annahmestellen für Haus- und Stärkewäsche aufbauen. Diese eigenständigen Betriebe sammeln unter der Woche Wäsche, die von Voss abgeholt und am Ende der Woche gewaschen wird: Frei- tagmorgen um 7.30 Uhr beginnt die Arbeit, bis Samstagmorgen 8 Uhr muss alles gewa- schen und gebügelt und bis 6 Uhr abends wieder ausgeliefert sein. Dann gibt es bei Familie Voss noch ein kurzes Abendessen, bevor alle erledigt ins Bett fallen. 1937 wird ein zuverlässigerer Lieferwagen angeschafft, womit das lästige Anschieben entfällt. 10 UND 25 KG FASSEN DIE BEIDEN KLEINERENWASCHMASCHINEN.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 17 GÜNTER VOSS FÄHRT MIT DEM WHIPPET OVER-LAND DIE WÄSCHE AUS.1936 LÄSST SICH ADELE VOSS IN DIE HANDWERKS-ROLLE EINTRAGEN.WASCHVERFAHREN VON ADELE VOSS FÜR 150 KG TROCKENWÄSCHE.

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18 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 Mitte der 1930er Jahre lässt sich Adele Voss als „Inhaberin eines Wäschereibetriebs“ in die Handwerksrolle eintragen. Ihre Firma firmiert als Feinwäscherei, Plätterei und nun auch als „Gardinenspannerei“: Fein gewirkte Gardinen zieht Voss nach dem Waschen und Stärkebad zum Trocknen auf einen Holzrah- men und bringt sie so wieder in Form. Die beiden kohlebetriebenen Waschmaschinen stehen im Waschkeller des Wohnhauses und müssen immer mehr Wäsche bewälti- gen. Allerdings funktioniert ihr Rauchabzug nur unzureichend – während des Wasch- gangs bekommt man im Keller kaum mehr Luft. Voss findet neue Betriebsräume in der Vereinsstraße 19, wenige Gehminuten vom Wohnhaus entfernt. Hier lässt Voss einen Dampfkessel der Firma Theodor Loos ins- tallieren, sodass die Waschmaschinen di- rekt mit Dampf beheizt werden. Für jeden einzelnen Waschtag muss ein Zentner Kohle herbeigeschafft werden, um die Dampfma- schine zu befeuern. Von einer Wäscherei in Hagen kauft Voss eine Drei-Kammer-Wasch- maschine, die über einen Transmissionsrie- men von der Dampfmaschine angetrieben wird. Transport und Installation der neuen Anlage nach Wuppertal nehmen fast 24 Stunden in Anspruch. Die neuen Räumlichkeiten der Wäscherei lie- gen in einem Hinterhaus, das sich nur über eine Eisenbrücke im ersten Stock erreichen lässt. Jeder Korb Wäsche muss mühsam treppauf, treppab getragen werden. Die Ad- resse an der Vereinsstraße kann deshalb nur eine vorübergehende Lösung sein. Als Karl Tiefenburg, ein Verwandter der Familie, in der Rheinstraße 55a einen Neubau errich- tet, wird die Wäscherei Voss eingeplant. Das Gebäude ist an das städtische Gasrohrnetz angeschlossen – damit hat endlich die ar- beits- und kostenintensive Kohlefeuerung ein Ende. Voss schafft nun einen gasbetrie- DER ERSTE DAMPF KESSEL DER FIRMA WIRD MIT KOHLE BEHEIZT.14 ½ STUNDEN STELLT DIE KLEMPNEREI FÜR DEN TRANSPORT EINER WASCH-MASCHINE IN RECHNUNG.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 19 GÜNTER VOSS MIT DEM ZUVERLÄSSIGEN ZWEITEN LIEFERWAGEN DER FIRMA.

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20 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 benen Dampfkessel an, muss für die neue Technik allerdings schnell teures Lehrgeld bezahlen: Bereits wenige Monate nach der Anschaffung muss der Dampfkessel schon wieder verschrottet werden, er war aus Ver- sehen trocken gefeuert worden. Als Ersatz dient ein kleinerer Kessel, dessen Leistung von 0,5 Atü nicht ausreichte. Also wird man kreativ, behilft sich mit dem Blindflanschen der Sicherheitsventile und heizt den Kessel bis auf 8 Atü. Das wiederum ruft aber den TÜV auf den Plan, der den Kessel bei einer Sicherheitsüberprüfung stilllegt und plom- biert. Doch der Betrieb muss weitergehen. Also löst man tagsüber kurzerhand die Plom- be und befeuert den Kessel. Bis zur Anschaf- fung neuer Dampfkessel nach dem Krieg im- provisiert Voss auf diese Weise. Im Sommer 1938 stellt Voss die erste Vier- Kammer-Waschmaschine, eine weitere Zen- trifuge und eine Kittelpresse auf. Von der Wäscherei Küpper in Elberfeld übernimmt Voss eine weitere Waschmaschine – und Kunden. Erstmals lässt Voss mehrere tau- send Werbeprospekte drucken und eine Anzeige im Programmheft des Wuppertaler Thalia-Theaters schalten. DIE DRITTE WASCH-MASCHINE MIT 60 KG FASSUNGSVERMÖGEN.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 21 PORTRÄT G ÜNTER . 1.9.1913–6.1.1994 UND ANNI VOSS, GEB. KNIESE . 22.5.1912–28.2.1999 Günter wird als erstes Kind des Ehepaars Adele und Richard Voss 1913 geboren. Schon während seiner Schulzeit hilft er im elterlichen Betrieb. Als 15-Jähriger löst er seinen Vater bei der schweren Arbeit des Mangel-Drehens ab. Nach seiner Ausbildung zum Wäscher und Plätter besucht er 1936 die Meisterschule und arbeitet während- dessen weiterhin im Familienbetrieb: Morgens vor den Kursen und in der Mittagspause transportiert er Wäsche, nach Schulschluss wird über Nacht gewaschen. Am 13. April 1938 heiratet Günter Anni Kniese, die bereits seit 1933 in der Wäscherei mitarbeitet. Nach seinem Wehrdienst an der Ostfront und der Kriegsgefangen - schaft im Rheinwiesenlager bei Andernach kehrt Günter im Juni 1945 nach Wuppertal zurück. Gemeinsam mit seiner Frau baut er den Betrieb nach 1945 zu einer Großwäscherei aus. Das Paar hat zwei Kinder, 1939 wird Tochter Christa, 1944 Sohn Rolf-Peter geboren.

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22 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 SCHWERE KRIEGSJAHRE . 1939–1945 Ende der 1930er Jahre ist die Wäscherei Voss in Wuppertal und Umgebung gut im Geschäft. Die Zahl der Annahmestellen ist auf 25 angewachsen, die Firma nutzt mo- derne Maschinen mit ausreichend Kapazi- täten, der Kundenstamm ist erfreulich ge- wachsen. Familie Voss hat ihr Auskommen. Doch der Beginn des Zweiten Weltkriegs ändert alles. Den Ford-Pkw der Familie, der auch für die Wäschelogistik genutzt wird, konfisziert die Wehrmacht. Bald wer- den die Brüder Voss zum Kriegsdienst an die Ostfront eingezogen. Ihre Arbeitskraft fehlt, sodass der Betrieb ab Juni 1940 ruht. Adeles jüngerer Sohn Rolf stirbt kurz vor Weihnachten 1942 in Russland, ihr älterer Sohn Günter gerät im März 1945 in Kriegs- gefangenschaft und kehrt im Juni nach Wuppertal zurück. Er findet eine zu wei- ten Teilen zerstörte Stadt vor. Die Lebens - mittelversorgung erreicht einen Tiefpunkt: Auf Marken gibt es nur noch 517 Kalorien pro Tag und Person. Heizmaterial ist kaum zu bekommen, das städtische Gasnetz ist ohnehin defekt. Einen Wäsche- oder Bügel- service benötigt vorerst niemand. Der Bedarf an Zivilkleidung ist allerdings groß und mit den alten Wehrmachtsunifor- men gibt es wenigstens verwertbares Mate- rial. Von der Färberei Müller am Kluser Platz DER FORD DER FAMILIE WIRD 1940 VON DER WEHR-MACHT BESCHLAGNAHMT.

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1. KAPITEL | MIT EINER PLÄTTEREI GEGEN DIE KRISE | 1925–1945 23 kauft Voss deshalb zwei Kupferfärbebottiche. Für das Umfärben der grauen oder grünen Uniformen in Blau und Schwarz werden der Firma fünf Tonnen Kohle zugeteilt. Von einer Wäscherei in Wermelskirchen kann Voss einen ausreichend großen Dampfkessel übernehmen, der sich auf 6 Atü Dampfdruck heizen lässt. So wird im Juli 1945 der Betrieb wieder aufgenommen. Bezahlt wird bei Voss kaum mit Bargeld, das ohnehin nicht mehr viel wert ist. Grundbedürfnisse wie Lebens- mittel, Heizmaterial oder Seife werden mit Karten bewirtschaftet, Menschen und Wirt- schaft leben von Tauschgeschäften. So auch bei Voss: Mit ihrer Wäsche geben die Kunden ihre Seifenabschnitte ab, die die Familie auf Karten klebt. Dafür erhält der Betrieb ein- faches Seifenpulver vom Großhändler. Zu- sätzlich tauscht man auf dem Schwarzmarkt Benzin gegen grüne „Marseiller Seife“, die die Familie kleinschnitzelt und dem Pulver beimischt – eine prägende Kindheitserinne- rung für Adeles Enkel Rolf-Peter, der den Fa- milienbetrieb Jahre später übernehmen wird. KURZ NACH DEM KRIEG ERWIRBT VOSS EINEN GROSSEN DAMPFKESSEL.

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2. KAPITEL S AUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER 1946–1973 Nur vier Jahre nach Kriegsende zerstört ein Sturm die Wäscherei. Glück im Unglück: Kurz zuvor hat Voss ein neues Grundstück in der Rheinstraße erworben. Anfang der 1950er Jahre entstehen dort moderne Gebäude – der Startschuss für die Entwicklung zur Großwäscherei. Mitte der 1950er Jahre sichert sich Voss erste Aufträge der Bundeswehr, wenig später folgen weitere Großkun- den wie Altenheime und Krankenhäuser. Die Expansion nimmt Fahrt auf.

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VORBEREITEN DER WÄSCHE ZUR AUSLIEFERUNG UM 1973.

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26 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 MODERNISIERT IN DEN AUFSCHWUNG . 1946–1948 Familie und Betrieb: Das gehört bei Voss eng zusammen. Günter Voss ist gemeinsam mit seinem Bruder in der Wäscherei der el- terlichen Wohnung aufgewachsen. Später, der Betrieb ist inzwischen in eigene Räume umgezogen, lernt er dort die Mitarbeiterin Anni Kniese kennen. Die beiden werden ein Ehepaar, bald eine vierköpfige Familie. Für Adele, Günter und Anni Voss steht nun das erste Friedensjahr nach dem Zweiten Welt- krieg ganz im Zeichen des Wiederaufbaus. 1946 gelingt es, den Betrieb erneut ins Rol- len zu bringen: Mit einem neuen Ford-Lie- ferwagen wird wieder Wäsche transportiert. Im Jahr darauf erwirbt Voss ein der Wäsche- rei gegenüberliegendes Grundstück an der Rheinstraße 54–56. Hier hat die Reichs- bahn Lagerhallen unterhalten, die im Krieg zerstört wurden. Von den Ziegelsteinen aus den Trümmern lässt Voss fein säuberlich Mörtel- und Putzreste abschlagen und eine 1950 ERSTEHT VOSS DEN ERSTEN NEUWAGEN: EINEN GUTBROD- KLEINTRANSPORTER.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 27 ZWEI TROCKNER ERSPAREN 1950 DAS LÄSTIGE WÄSCHEAUFHÄNGEN.

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28 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 Doppelgarage für die Fahrzeuge der Firma bauen. Investiert wird auch in moderne Maschinen: 1948 schafft Voss eine weitere Waschmaschi- ne sowie zwei Trockner der niederländischen Firma Reineveld an. Wäschetrockner wer- den zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange in größerem Stil vertrieben und ausschließ- lich von Gewerbe- und Industrie betrieben genutzt, für Privathaushalte kommen sie erst Ende der 1950er Jahre in Europa auf. Bei Voss rationalisieren sie die Arbeit: Die Wäsche muss nicht mehr umständlich auf Leinen aufgehängt und mit Dampf getrock- net werden. Das spart Zeit, Kraft und den Trockenraum. Das Bügeln wird nun durch zwei Karussellpressen beschleunigt und der neue Dampfkessel erzielt eine höhere Leis- tung – Ende 1948 ist Voss ein modernisier- ter Wäschereibetrieb, den Wachhund Spitz bewacht. MIT STURMSCHADEN INS JUBILÄUM . 1949–1950 So sieht sich Voss für den bescheidenen Aufschwung nach der Währungsreform, die im Juni 1948 den Beginn einer normalisier- ten Wirtschaft markiert, gut gerüstet. Doch nur wenige Monate später trifft die Firma ein schwerer Sturmschaden: Im Februar 1948 NIMMT VOSS ZWEI KARUSSELLPRESSEN IN BETRIEB.DER VORPLATZ DER WÄSCHEREI MIT DEM FORD FAIRLANE DER FAMILIE.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 29 1949 hebt eine Orkanböe das Dach einer benachbarten Firma ab und drückt es gegen den Schornstein von Voss, der einstürzt und die Wäscherei unter sich begräbt. Noch hat- te die Arbeit an diesem Tag nicht begonnen, niemand wurde verletzt. Doch große Teile der Gebäude und Anlagen sind zerstört. Eine Woche lang fahren die Mitarbeiter Schutt und Trümmer auf das gegenüber- liegende Grundstück, dann nimmt die Wä- scherei ihre Arbeit wieder auf – unter frei- em Himmel, die Maschinen nur notdürftig mit Zeltbahnen vor der Witterung geschützt. Sechs Monate dauert dieses Provisorium, bis die Betriebsräume wieder genutzt wer- den können. 1950 wird die erste, gebraucht gekaufte dampfbeheizte Muldenmangel in- stalliert und die erste Großwaschmaschine mit 200 Kilogramm Fassungsvermögen und 18 Kammern aufgestellt. Ein Kleintranspor- ter Modell „Gutbrod Atlas“ ist der erste fab- rikneue Lieferwagen von Voss. Das 25-jährige Betriebsjubiläum im Septem- ber 1950 feiert Voss mit allen Mitarbeite- rinnen und Mitarbeitern in der festlich ge- schmückten Garage. Durch Wuppertal rollt ein blumengeschmückter Wagen und die Jubiläumsanzeige verkündet stolz: „25 Jahre im Dienst der Hausfrau!“ 1949 ZERSTÖRT EIN STURM DIE WÄSCHEREI. DAS 25-JÄHRIGE JUBILÄUM NUTZT VOSS FÜR EINE REKLAMEANZEIGE.

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30 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 VOSS WIRD GROSSWÄSCHEREI . 1951–1955 Kurz nach dem Jubiläum ereilt ein weiterer Rückschlag die Firma: Erneut zerstört Was- sermangel 1951 einen der beiden Dampf- kessel. Bis ein neuer gekauft werden kann, müssen alle Arbeiten mit dem verbliebenen erledigt werden. Das erfordert ein strenges Zeitregime: Von morgens sieben Uhr bis sechs Uhr abends wird nun gemangelt und gepresst, über Nacht die Wäsche gewaschen. Noch ist Voss an der Rheinstraße 55 zuhau- se, aber diese Adresse ist längst ein Proviso- rium. Im Jubiläumsjahr beginnen die Bauar- beiten für einen Neubau auf dem eigenen Grundstück gegenüber. Jede freie Minute, auch am Sonntag, verbringt Günter Voss auf der Baustelle. Im Frühjahr 1952 ist es so weit: Am Freitagmorgen, dem 1. Mai, pa- cken alle mit an und ziehen Hemdenpressen, Mangeln und Waschmaschinen um. Mon- tagmorgen 6 Uhr ist alles geschafft. Der Be- trieb kann starten. Für den Antrieb steht ein neuer Dampfkessel bereit, ein im Vergleich zu den Vorgängermodellen riesiger Zwei- flammkessel, der in der Woche zehn Ton- nen Kohle verbraucht. 1953 erweitern eine Muldenmangel sowie eine weitere 10-Kam- mern-Waschmaschine mit 100 Kilogramm Fassungsvermögen die Kapazitäten. Günter Voss, de facto schon seit einigen Jahren Fir- GÜNTER VOSS (LINKS) NACH EINER DAMPFKESSEL-REINIGUNG VOR DEM KESSELHAUS.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 31 menchef, lässt den Betrieb nun rückwirkend zum 1. Januar 1949 als Großwäscherei beim Gewerbeamt eintragen. rer Dampfkessel mit 35 Quadratmetern und 8 Atü Leistung und eine Rotorwaschmaschi- ne für 320 Kilogramm Wäsche. Günter Voss weiß, für den Ausbau des Be- triebs zur Großwäscherei und das angestreb- te Auftragsvolumen ist es entscheidend, die Kapazitäten auszubauen. Voss nutzt dazu jede gute Gelegenheit: Als die Esse- ner Wäscherei Edelweiß 1954 ihre 24-Kam- mer-Waschmaschine preiswert verkauft, greift Voss zu. Im Jahr darauf folgt eine zweite Muldenmangel, bald folgen zwei neue Zentrifugen der Firma Kratz, ein weite- Adele Voss, die Senior-Chefin, nimmt regen Anteil an diesem Aufschwung der Wäsche- rei, die vor Jahren in Küche und Schlafzim- mer begann. Doch Adele ist schwer er- krankt, sie stirbt Ende Oktober 1955. „Ihre Rechtschaffenheit begründete den Ruf un- serer Firma und wird uns Vermächtnis und Ansporn sein“, schreiben die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter der Wäscherei in einer Traueranzeige. GROSSKUNDEN . 1957–1965 Neben der Großwäscherei haben Günter und Anni Voss ihr Einfamilienhaus gebaut. Nach dem Einzug im September 1957 er- leichtert dies dem Unternehmerpaar, Be- trieb und Familie gerecht zu werden. Und der Ausbau geht weiter: Mit der Anschaf- fung der ersten Reinigungsmaschine erwei- tert Voss das Angebot. Als 1959 die Bun- deswehr als Kunde gewonnen werden kann, ist die Wäscherei auf 1.000 Quadratmeter angewachsen. So findet sich auch genügend Platz für die im Folgejahr angeschaffte auto- 1960 ERLEICHTERT VOSS DAS GLÄTTEN MIT EINEM OBERHEMDENSATZ.EINE MITARBEITERIN AM GROSSEN KITTELSATZ.

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32 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 matische Waschmaschine von Reineveld, ei- ne weitere Drei-Mulden-Mangel sowie den „Kleindienst-Oberhemdensatz“ zum Bügeln von Oberhemden. Anfang der 1960er Jahre rationalisiert die erste Faltmaschine, die an die Mangel an- geschlossen wird, die Aufbereitung der Flachwäsche. Es folgen eine größere Reini- gungsmaschine mit 50 Kilogramm Fassungs- vermögen sowie eine zusätzliche größere Waschmaschine für 320 Kilogramm Wäsche. Der Schornstein des 1952 bezogenen Neu- baus ist bereits durchgeheizt und wird ab- gerissen. In einer spektakulären Aktion wird 1965 mit einem Kran ein 20 Meter langer Ei- senkamin in präziser Millimeterarbeit durch eine gerade mal einen Quadratmeter große Öffnung im Dach gehievt. Voss muss sich zu- dem mit den richtigen Reinigungsmethoden für neue Textilien beschäftigen: In den frü- hen 1960er Jahren kommen neu entwickelte Chemiefasern auf den Markt. Neue Verede- lungsverfahren für Textilien und Techniken wie das Frontfixieren, Verkleben und Schwei- ßen von Nähten setzen neue Standards. Was einst eine überschaubare Textilpflege war, wird zunehmend anspruchsvoller und kom- plexer. Seit Anfang der 1960er Jahre erleich- tern daher die Pflegehinweise auf eingenäh- ten Etiketts die richtige Behandlung. Noch ist die Großwäscherei Voss nicht nur für Großkunden tätig. Aber der Markt wan- delt sich. Mitte der 1950er Jahre verfügen zwar nur gut 10 Prozent der Privathaushalte über einen Waschautomaten, doch die Zahl steigt. Gleichzeitig können Institutionen wie die Bundeswehr, Industriebetriebe, Ho- telgewerbe oder Gesundheitseinrichtungen das Reinigen der Berufskleidung und Texti- lien nicht mehr in Eigenregie übernehmen. Servicedienstleistungen sind gesucht – und Voss bietet sie.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 33 EINE GROSSE MANGEL ERLEICHTERT DIE BEARBEI-TUNG DER FLACHWÄSCHE.

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34 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 AUTOMATISIERTE ABLÄUFE FÜR EIN NEUES GESCHÄFTSFELD . 1967–1972 Eine neue Generation mit neuen Ideen: Rolf-Peter, der Sohn von Günter und Anni Voss, ist inzwischen in das Familienunter- nehmen eingetreten. Nach dem Abschluss seiner kaufmännischen Ausbildung im elter - lichen Betrieb und einigen Jahren Berufs- erfahrung übernimmt er 1967 auch offiziell unternehmerische Verantwortung. Sein Plan: die Großwäscherei Voss so weit wie mög- lich zu automatisieren. 1969 lässt Voss ein Transportband in der Reinigung installieren, das den Ablauf der einzelnen Arbeitsschritte beschleunigt. Wenig später übernimmt ein Dämpftunnel die Arbeit des Vorbügelns und rationalisiert die Abläufe weiter. 1971 wird das Waschvermögen im Betrieb auf 800 Ki- logramm in nur zwei Stunden erhöht; die Modernisierung der Mangel mit zusätzlich zwei Einlassmaschinen und drei Vorberei- tungsmaschinen steigert deren Kapazitäten auf 300 Kilogramm pro Stunde. Voss braucht diese Kapazitäten, denn die Aufträge für die Bundeswehr werden größer. Für die Soldaten müssen akkurate Pakete mit sauber geknüpften Knoten geschnürt werden. Zudem reinigt Voss Arbeitskleidung für Fabriken aus dem Umkreis. Das ordent- liche Falten der Privatwäsche überwacht Rolf-Peter Voss persönlich, während der Senior Günter niemanden an „seiner“ Rei- nigungsmaschine arbeiten lässt. Den entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer automatisierten Großwäscherei macht Voss Anfang der 1970er Jahre. Die steigenden Energiekosten verteuern das Waschen. Zahlreiche Institutionen mit gro- ßem Wäscheaufkommen beschließen nun, ihre Wäschereien auszulagern. Voss nutzt diese Chance und lässt seine Leistung vom Hygieneinstitut Hohenstein zertifizieren. Da- für muss die Schmutzwäsche noch besser als 1966 LAUFEN BEREITS SIEBEN TORNADO-TROCKNER.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 35 bisher von der sauberen Wäsche getrennt werden. Mit dem Hygienezeugnis bewirbt sich Voss erfolgreich um einen Auftrag für ein Alten- und Pflegezentrum des Theodor Fliedner Werks in Haan und erhält zudem den Zuschlag für die Ausschreibung der Krankenhauswäsche des Wuppertaler Rot- Kreuz-Krankenhauses. Der Deal: Voss ver- pflichtet sich, die in Säcken vorsortierte Wä- sche abzuholen, sie gemäß den gesetz lichen Vorschriften zu waschen und auszuliefern. Preise werden auf ein Jahr festgelegt, eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Wä- schereiverband und der Gewerkschaft Tex- til-Bekleidung sichert die Bearbeitung der Krankenhauswäsche im Streikfall. Mit die- sen – nach heutigen Maßstäben einfachen – Verträgen beginnt bei Voss eine neue Ära. DIE BELEGSCHAFT VOR DER WÄSCHEREI UM 1972.

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36 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 3. KAPITEL E INE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER 1973–2007 Ab Mitte der 1970er Jahre spezialisiert sich Voss auf Großkun- den wie Krankenhäuser oder Altenheime. Als die Kapazitäten trotz ständiger Um- und Ausbauten nicht mehr ausreichen, arbeitet die Wäscherei in einem kleinen Zwei-Schicht-Betrieb und errichtet schließlich eine zweite Wäscherei. Beinahe zeit- gleich übernimmt mit Melanie und Miriam die vierte Genera- tion der Familie Voss unternehmerische Verantwortung. Als 2007 ein Brand die Betriebsanlagen in der Rheinstraße zerstört, werden beide Wäschereien vorübergehend am Vieh- hof zusammengelegt. Die fieberhafte Suche nach einem Aus- weichquartier beginnt, um das Provisorium rasch zu beenden.

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2. KAPITEL | SAUBERKEIT FÜRS WIRTSCHAFTSWUNDER | 1946–1973 37 DIE WÄSCHEREI AN DER VIEHHOFSTRASSE.

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38 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 SAUBERE LEISTUNG FÜR KRANKENHÄUSER . 1973–1984 Bettwäsche, Handtücher und Waschlappen, Pflege- und Patientenkleidung, Nachthem- den, OP- und Dienstkleidung: Täglich wird in Krankenhäusern eine Vielzahl von Texti- lien gebraucht. In den 1970er Jahren gehen Kliniken dazu über, die Wäsche nicht mehr im hauseigenen Betrieb, sondern durch Dienstleister reinigen zu lassen. Voss bietet nun diesen besonderen Service: Die Texti- lien müssen adäquat gereinigt und desinfi- ziert werden, damit jeder Patient und jeder Mitarbeiter mit sauberer und keimarmer Wäsche versorgt werden kann. Hygiene- maßnahmen sind zudem beim Sammeln, Sortieren, Transportieren sowie bei der La- gerung der Wäsche zu beachten. Der Ausbau zu einem Spezialbetrieb für Krankenhauswäsche bedeutet für Rolf-Pe- ter Voss wichtige Veränderungen in seinem Unternehmen. Mit der Zertifizierung als Wä- scherei für Krankenhaustextilien geht eine vierteljährliche Kontrolle seines Betriebs einher, zudem werden die Hygienerichtlini- en immer wieder aktualisiert. Das Auftrags- volumen erfordert zudem mehr Kapazitäten und eine Überprüfung aller Arbeitsprozesse, denn Voss will wachsen. 1973 schafft Voss eine Reihenwaschmaschi- ne der Marke Engelhardt & Förster, damals ein führender Hersteller für gewerbliche Waschanlagen, mit fünf Einheiten an. Zwei NACH DER BEARBEITUNG WIRD DIE WÄSCHE SAUBER VERPACKT.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 39 Jahre später wird sie auf sieben Einhei- ten erweitert: Voss kann nun bis zu 500 Kilogramm Wäsche pro Stunde reinigen. Mensch und Maschine arbeiten im Taktver- fahren. Die Aufträge werden in kleinere Ein- heiten, sogenannte Taktbereiche, eingeteilt, die dann mit einheitlichen Abläufen und Geschwindigkeiten bearbeitet werden. Die Taktzeit garantiert einen kontinuierlichen und gleichmäßigen Betrieb, jeder kostspie- lige Leerlauf wird vermieden. Mitarbeiter und Waschanlagen werden optimal einge- setzt, die Effizienz steigt. In der Schmutzwäscheabteilung arbeiten inzwischen vier Stempelmaschinen, die die Wäsche bei Auftragseingang kennzeichnen und dafür sorgen, dass diese wieder an den richtigen Kunden ausgeliefert wird. Eine neue Industriewaage „Toledo“ präzisiert das Ab- wiegen und damit die Kalkulation der ange- lieferten Wäsche. Ein Durchlauftrockner mit 50 Kilogramm Füllgewicht maximiert den Wäschedurchsatz und ersetzt gleich fünf ältere Modelle. Aus den Beständen einer stillgelegten Wä- scherei in Bochum-Laer erwirbt Voss 1975 eine Mangel mit zwei Mulden und eine Faltmaschine der Firma Kleindienst, die An- fang September des Jahres anläuft. Für den vergrößerten Maschinenpark muss die An- DIE ANLIEFERUNG EINER NEUEN REIHEN-WASCHANLAGE.DIE ANLAGE ARBEITET MIT EINEM BELADEBAND.DER NEUE FUHRPARK VOR DER WÄSCHEREI.

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40 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 AN DER STEMPELMASCHINE WIRD DIE WÄSCHE GEKENNZEICHNET.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 41 triebsleistung steigen, dafür sorgt im glei- chen Jahr ein zweiter Standardkessel mit 40 Quadratmetern und 10 Atü. Und wieder rückt ein Kran an: Der zweite Schornstein des Gebäudes wird ersetzt. Außerdem be- endet Voss eine fast 50-jährige Tradition und stellt den Lieferwagen-Fuhrpark von Ford auf Mercedes-Benz um. Doch nun wird der Transport von und zu den Großkunden durch drei neue Lkw geleistet, während der Fahrer Herr Lange in einem Kleinlaster die Annahmestellen für die Privatwäsche an- fährt. Von seinem Sportwagen Ford Mercury mag sich Rolf-Peter Voss allerdings nicht trennen. Parallel zum Ausbau der Kapazitäten wirbt Voss weitere Krankenhausverträge ein. Noch Ende 1973 gewinnt Voss mit dem St.- Elisabeth-Hospital in Bochum erstmals ei- nen großen Kunden außerhalb Wuppertals. Für 1,10 D-Mark pro Kilogramm Wäsche plus Aufschlägen für Dienst- und Schutzklei- dungsstücke übernimmt Voss die Abholung, Bearbeitung und Rücklieferung der Kranken- hauswäsche binnen eines Werktags. Wäh- rend die Textilien bei Voss gereinigt werden, müssen die Lieferfahrzeuge vor der Rücklie- ferung desinfiziert werden, zusätzlich sind geschlossene Transportbehälter oder Poly- ethylen-Folien zu benutzen. Gut ein Jahr später folgt ein Vertrag mit dem Kranken- haus Langenberg zwischen Bochum und Wuppertal und bald zählen auch die Klinik Blankenstein in Hattingen, das Krankenhaus St. Josef in Wuppertal-Elberfeld und das Se- niorenheim in Wuppertal-Vohwinkel zu den Kunden. Voss erarbeitet sich eine hervorragende Reputation und gilt innerhalb der Branche als vorbildlicher und zuverlässiger Betrieb. Nachdem 1974 zwei große Wettbewerber schlossen, darunter die einst größte Wä-

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42 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 scherei Deutschlands und Ausbildungsbe- trieb der Firmengründerin Adele Voss, stieg Voss 1975 – im Jahr des 50-jährigen Firmen- jubiläums – mit sechs Tonnen Tagesleistung zur größten Wäscherei des Bergischen Lan- des auf. ARBEITEN UND FEIERN Die Großwäscherei Voss in den 1980er Jah- ren: Rolf-Peter Voss wandelt sein Unterneh- men in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung um. Das Geschäft mit der Privatwä- sche gibt Voss auf – die kleinteiligen Aufträ- ge passen nicht mehr zu den Arbeitsabläu- fen einer Großwäscherei und binden zu viel Arbeitskraft und Ressourcen. Voss konzen- triert sich nun auf den Wäscheservice für Krankenhäuser und Großkunden. Im Betrieb bewegt sich ein endloser Strom von Wäsche durch die Halle. Große Gitter- wagen sind bis zum Rand gefüllt mit Wä- schesäcken, weißen Laken, bunten Handtü- chern und Kleidungsstücken. Einige Mitar- beiter sortieren und falten Textilien, andere führen die Wäsche mit geübten Handgriffen in die Maschinen. Es riecht nach Seife und Waschmittel, vermischt mit dem metalli- schen Geruch heißer Maschinen. In der Nähstube wird die Arbeitskleidung der Mit- arbeiter von Krankenhäusern und Industrie- betrieben oder die Wäsche von Bewohnern von Altenheimen personalisiert. Mit einer Patch-Maschine wird die Kleidung nament- lich gekennzeichnet, mit zwei Nähmaschi- nen werden kleinere Schäden ausgebessert. Hier wird auch die Mietwäsche für zwei Kli- niken verwahrt, zu der noch Flachwäsche, hauptsächlich Bettwäsche und Handtücher, gehört. VORBEREITUNGS-MASCHINEN FÜR DAS FALTEN DER FLACHWÄSCHE.IN DER RHEINSTRASSE FEHLT BALD DER PLATZ.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 43 PORTRÄT R OLF-PETER VOSS . 27.9.1944 Rolf-Peter Voss wird als zweites Kind der Eheleute Anni, geb. Knie- se, und Günter Voss am 27. September 1944 in Wuppertal gebo- ren. Nach Schulbesuch und kaufmännischer Ausbildung im elterli- chen Betrieb pachtet er die Wäscherei 1967 und baut sie sukzessi- ve zur vollautomatisierten Großwäscherei aus. Bis zum Einstieg seiner Töchter in die Geschäftsleitung Ende der 1990er Jahre zeichnet Rolf-Peter Voss als alleiniger Geschäftsfüh- rer für die Wäscherei Voss verantwortlich. Als Kind startete Rolf-Peter Voss erfolgreich bei verschiedenen Bollerkistenrennen, errang mehrere Platzierungen auf dem Sieger- treppchen und wurde sogar zu Rennen in den benachbarten Nie- derlanden eingeladen. 1967 heiratet Rolf-Peter Mildred Ertz. Das Paar bekam zwei Töchter, die 1968 geborene Melanie und die 1972 geborene Miriam.

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44 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 einer Familie bei Voss arbeiten. Zahlreiche Paare finden sich, Ehen werden geschmie- det. Auch das festigt die Bindung an den Arbeitsplatz. Aus der Initiative einiger Mitarbeiterinnen entstehen die bald legendären Weihnachts- feiern bei Voss: Zunächst organisiert die Belegschaft die Feiern, legt zusammen und besorgt Geschenke für jeden Einzelnen. Zwei Mitarbeiterinnen treten als Nikolaus und Knecht Ruprecht auf. Später über- nimmt die Firma die Bewirtung und sorgt für musikalische Unterhaltung. An heißen Sommertagen nutzen manche Mitarbeite- rinnen das private Schwimmbad von Anni und Rolf-Peter Voss und erfrischen sich in der Pause. Auch Günter Voss, von allen nur „der Senior“ genannt, ist noch regelmäßig im Familienunternehmen unterwegs. Von Kindesbeinen an zur Sparsamkeit erzogen, kontrolliert er regelmäßig, ob beispielswei- se noch irgendwo unnötig Licht brennt. Den Mitarbeitern bleiben diese „Patrouillen“ aber aus einem anderen Grund in Erinne- rung: Günter Voss hat stets ein zahmes Eich- hörnchen in der Tasche. Etwa 40 bis 50 Mitarbeiter arbeiten in die- sen Jahren bei Voss. Für sie ist die Wäsche- rei mehr als ein Arbeitsplatz. Es herrscht ein familiäres Miteinander in einem guten Be- triebsklima, langjährige Freundschaften be- ginnen. Oft werben Mitarbeiter die eigenen Verwandten an, sodass mehrere Mitglieder MITARBEITER BEI EINER DER BELIEBTEN WEIHNACHTSFEIERN.BEATE BRUCKMANN 1991, DIE 2024 IHR 40-JÄHRIGES BETRIEBSJUBILÄUM GEFEIERT HAT.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 45 NEUE WÄSCHEREI, NEUER SERVICE . 1992–1998 Mehr Aufträge, mehr Kunden, wachsen- des Wäschevolumen: Das Wachstum der vergangenen Jahre bringt Voss Anfang der 1990er Jahre an seine Grenzen. Die Be- triebsabläufe sind „ausrationalisiert“, für mehr Mitarbeiter fehlt der Platz. Eine zweite Schicht wird eingeführt, die montags, diens- tags und freitags zwischen 16.30 und 21 Uhr das Trocknen und Mangeln der bis dahin gewaschenen Wäsche übernimmt. Die Zahl der Mitarbeiter steigt so auf rund 90. Immer öfter rücken nun Handwerker und Techniker an: Die Hallen werden umgebaut und erwei- tert, Maschinen neu platziert, Abläufe um- geplant. Die Nähstube wird in angemietete Räume in der Friedrich-Engels-Allee ausge- lagert. Doch die Bauarbeiten und Umzüge schaffen jeweils nur kurz Abhilfe. Voss stößt immer öfter an Kapazitätsgrenzen. 1995 spitzt sich die Raumnot zu. Die St. An- tonius Kliniken, ein guter Kunde von Voss, übernehmen ein Hospital, das bislang mit einem im Vergleich zu Voss größeren Wett- bewerber zusammengearbeitet hat. Doch der neue Besitzer schätzt die bewährte Zusammenarbeit mit Voss. Rolf-Peter Voss muss, wenn sein Unternehmen auch wei- terhin die Wäsche für den vergrößerten Klinikverbund übernehmen will, für mehr Kapazitäten sorgen. Das gibt letztlich den Ausschlag für einen Neubau, der Voss im Geschäftsfeld Stationsversorgung einen riesigen Schritt voranbringt. Im Gewerbege- biet am ehemaligen Schlacht- und Viehhof in Wuppertal-Elberfeld erwirbt die Firma ein großes Gelände und errichtet dort eine neue Wäscherei nach modernen Standards, die den Hygieneanforderungen des Ge- schäfts mit Kliniken und Pflegeeinrichtungen entsprechen. Um Versorgungsqualität und -quantität ver- lässlich zu gestalten und gemeinsam Kosten- senkungen zu erreichen, schließt sich Voss der Dectos-Gruppe (Deutsche Cooperation textiler OP-Systeme) an, einem Verbund re- gional tätiger, eigenständiger Wäschereien – später wird daraus die Sitex-Gruppe her- vorgehen. Gemeinsam beschäftigt man sich beispielsweise mit der Aufbereitung wie- derverwendbarer textiler OP-Systeme, für die einige Mitglieder technisch aufwendi- ge Sterilisationszentren einrichten, um den strengen Anforderungen des Kundensektors gerecht zu werden. Auch bei der Prozessoptimierung bleibt Voss nicht dem Status quo verhaftet. Die Groß- wäscherei führt ein Qualitätsmanagement- system ein und lässt sich in einem aufwen- digen Audit die Erfüllung der Qualitätsnorm ISO 9001 bestätigen. Das verbessert die Abläufe und ist ein gutes Argument für die Ansprache neuer Kunden. Als die neue Wäscherei in der Viehhofstraße 1997 in Betrieb geht, wächst die Belegschaft auf einen Schlag um gut 60 neue Mitarbei- ter. Und Voss bietet einen neuen Service: die Poolwäsche. Mit Mietwäsche hatte man bereits etwas Erfahrung, doch bislang war für Kunden immer ein bestimmtes Wäsche- kontingent gekauft und zur Verfügung ge- stellt worden. Mit dem Poolwäsche-Service stellt Voss nun einen großen Wäschepool für mehrere Kunden zur Verfügung, aus dem der Bedarf jeder Einrichtung gedeckt wird. Chance und Herausforderung zugleich: Die Logistik muss angepasst werden, gleich- zeitig fragt der Markt immer mehr Poolwä- scheservice nach und ermöglicht so weite- res Wachstum. Die kleine Nähstube wird

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46 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 DIE BELEGSCHAFT IN DER VIEHHOFSTRASSE UM 1998.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 47 zum Textillager, wo immer mehr Wäschestü- cke den Pool vergrößern, den Voss bald auf Kittel und Berufskleidung ohne Flachwäsche konzentriert. Und auch bei der persönlichen Wäsche bei- spielsweise von Bewohnern von Alten- oder Pflegeheimen gibt es Neuerungen: Hier be- deutet modernes Wäschemanagement, die Textilien mit einem Barcode zu kennzeich- nen. Das erleichtert die Logistik und ratio- nalisiert die Abläufe, denn die Zuordnung erfolgt nicht mehr über ein Namensschild- chen, sondern über digitale Codes, die ei- ne schnelle und präzise Datenerfassung er möglichen. Um die neuen Geschäftsfelder kümmert sich hauptsächlich die nächste Generation der Familie Voss: Rolf-Peters Töchter Melanie und Miriam. Beide arbeiteten bereits nach ihrem Studium im Familienbetrieb und wer- den Ende des Jahres 1998 offiziell in die Ge- schäftsführung bestellt. EIN SCANNER LIEST DEN BARCODE DER BEWOHNERWÄSCHE EIN.

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48 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 PORTRÄT M ELANIE VOSS-FRANKE . 25.10.1968 UND IRIAM PAUL . 5.7.1972 Melanie Voss-Franke und Miriam Paul, beide geb. Voss, werden als Töchter der Eheleute Mildred und Rolf-Peter Voss in Wuppertal ge- boren. Sie wachsen in engem Kontakt zur elterlichen Wäscherei auf, Miriam arbeitet bereits als Schülerin immer wieder an verschiede- nen Stationen des Betriebs mit. Beide Schwestern absolvieren nach ihrem Abitur eine Banklehre und studieren im Anschluss Wirtschaftswissenschaften in Wupper- tal. Miriam lässt sich zur Textilreinigermeisterin ausbilden. Nach ihrem Studium übernehmen beide unternehmerische Ver- antwortung bei Voss und Ende 1998 gemeinsam mit ihrem Vater offiziell die Geschäftsleitung. Stets eng abgestimmt, kümmert sich Melanie Voss-Franke vor allem um Kundenansprache, Vertrieb und Verwaltung, während Miriam Paul vornehmlich für Produktion und Logistik verantwortlich zeichnet.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 49 EIN FOLGENSCHWERER BRAND . 2007 In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2007 wecken ein Großbrand und die an- rückende Feuerwehr die Anwohner der Rheinstraße. Drei Jugendliche waren durch Wuppertal gezogen; sie haben bereits in der Stadt gezündelt, als sie einen mit Kleidung gefüllten Container auf dem Vorplatz der Wäscherei Voss entdecken. Erst kurz zuvor hatte die Firma die Baugenehmigung für die Überdachung des Platzes erhalten, doch noch behilft sie sich mit einem Außenlager. Die drei Jugendlichen stecken den Container in Brand, dann legen sie unter Einsatz von Brandbeschleunigern im Gebäude Feuer. Dadurch platzt die Gasleitung, bald steht die ganze Wäscherei lichterloh in Flammen. Zwar bekommt die Feuerwehr den Brand nach et- wa einer Stunde unter Kontrolle, doch über 100 Einsatzkräfte sind bis in die Morgenstun- den mit dem Löschen beschäftigt. Rolf-Peter EIN BRAND ZERSTÖRT 2007 DIE WÄSCHEREIIN DER RHEINSTRASSE.

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50 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 Voss und Miriam Paul, die beide in der Nach- barschaft wohnen, können nur tatenlos zu- schauen, wie ihr Betrieb niederbrennt. Den Versuch des Seniorchefs, Unterlagen aus den Flammen zu retten, verhindert die Poli- zei – das Betreten des Gebäudes ist lebens- gefährlich. Schnell wird klar, dass es sich um Brandstiftung handelt. Die Familie Voss lobt eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro zur Ergreifung der Täter aus, die tatsächlich bald darauf gefasst werden können. Doch dem Betrieb half das nicht. Maschi- nenpark, Verwaltung und Tonnen von Wäsche sind zerstört. Kunden warten auf ihre Wäsche, Krankenhäuser und Pflege- einrichtungen können nicht vertröstet wer- den – hygienisch einwandfreie Wäsche ist so wichtig wie Medikamente, Ärzte und Pflegepersonal. Zu Schichtbeginn fängt die Familie Voss ih- re Mitarbeiter auf dem Weg zur Arbeit ab. In kürzester Zeit organisieren sie die Verla- gerung der Wäscherei an die Viehhofstra- ße. Das Waschen übernimmt eine zweite Schicht in den Anlagen am Viehhof. Nach Schichtende organisiert die Firma einen Ta- xidienst für ihre Mitarbeiter, die ansonsten zu so später Stunde nicht mehr mit dem ÜBER 100 EINSATZKRÄFTE LÖSCHEN BIS IN DIE MORGENSTUNDEN.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 51 Nahverkehr nach Hause kämen. Auf dem Hof kommt in provisorisch aufgestellten Zelten das Wäschelager unter, wo sortiert und kommissioniert wird. In der Wohnung von Rolf-Peter Voss laufen die Fäden zusam- men: Alle Mitarbeiter rufen hier an, um ihre Einsatzorte und -zeiten zu erfahren. Jetzt zahlt sich das gute und familiäre Be- triebsklima aus. Alle Mitarbeiter helfen mit und zeigen eine überwältigende Loyalität. Gemeinsam gelingt es, die Produktion von zwei Großwäschereien an nur einem Stand- ort zu bewältigen. Nur rund zehn Prozent des Auftragsvolumens müssen an einen Partner innerhalb der Dectos-Gruppe aus- gelagert werden, den Rest schafft die große Voss-Betriebsfamilie gemeinsam. Die nächs- te Riesenaufgabe: einen neuen Standort für eine neue Wäscherei finden. DIE BILANZ IST VERHEEREND: GEBÄUDE UND ANLAGEN SIND ZERSTÖRT.

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52 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 4. KAPITEL W EICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT 2007–2025 Der Umbau des rasch angekauften Ausweichquartiers ermöglicht Voss weiteres Wachstum. Mit vier zentralen Service-Bereichen, nämlich Stationsvollver sorgung, Miet- berufsbekleidung, Bewohnerwäsche und Lohnwäsche, steigt Voss in die Spitzengruppe der Wäschereien auf. Dafür wird der Dectos-Verbund, dem sich Voss in den 1990er Jahren angeschlossen hat, zur Sitex-Gruppe weiterentwickelt. Mit viel Organisationstalent und Verhandlungsgeschick meistert Voss in den 2020er Jahren Corona-Pandemie und Energieknappheit. Gleichzeitig wird nachhaltiges Wirtschaften ein immer wichtigeres Anliegen, um nicht nur den Betrieb, sondern auch die natürlichen Lebens- grundlagen für zukünftige Generationen zu erhalten.

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3. KAPITEL | EINE GROSSWÄSCHEREI FÜR KRANKENHÄUSER | 1973–2007 53 DIE NEUE WÄSCHEREI IN DER GASSTRASSE ERMÖG-LICHT VOSS DEN AUSBAU DER DIENSTLEISTUNGEN.

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54 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 EIN NEUBAU FÜR MODERNE TEXTIL DIENST - LEISTUNGEN . 2008–2011 Die Bilanz der Brandstiftung im Oktober 2007: 15 Millionen Euro Schaden, zerstörte Gebäude und die fieberhafte Suche nach ei- nem geeigneten Grundstück für einen Neu- anfang. Die Zelte in der Viehhofstraße, wo jetzt die Aufträge von zwei Großwäscherei- en abgearbeitet werden, sind lediglich ein Provisorium. Auf die Dauer benötigt man, auch um die Wäscherei auf ein neues Level MELANIE VOSS-FRANKE UND MIRIAM PAUL (V.L.) IN DER NEUEN PRODUKTIONSHALLE.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 55 FÜR DIE NEUE WÄSCHEREI WIRD EIN BESTEHENDES GEBÄUDE IN VIER MONATEN UMGEBAUT.

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56 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 zu heben, einen neuen Standort, der weite- re Wachstumsmöglichkeiten bietet. Voss wird in der Gasstraße im Wuppertaler Stadtteil Ronsdorf fündig, nur rund zehn Ki- lometer vom Standort am Viehhof entfernt und über S-Bahn und Busverkehr gut mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen – wichtig für die Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter. Ein Autoersatzteilhändler gibt den Standort auf. Das 35 ha große Gelände bie- tet genügend Möglichkeiten für weiteres Wachstum. Anfang 2008 steht der Kaufver- trag, die Umbauarbeiten beginnen sofort, denn die Zeit drängt. Die neue Wäscherei wird mit modernster Technik ausgestattet. Der Hersteller, die Firma Kannegiesser, hat in Absprache mit anderen Kunden die Aufträ- ge für Wuppertal vorgezogen. Denn bei Voss handelt es sich um einen Notfall. Mit bis zu 70 Mitarbeitern arbeitet die beauftragte In- stallationsfirma sieben Tage die Woche an Umbau und Installation. In Rekordzeit ist die neue Wäscherei betriebsbereit. Am 3. Mai 2008 nimmt sie in der Gasstraße die Arbeit auf und im Juni kann Voss den neuen Stand- ort gemeinsam mit 280 Mitarbeitern und zahlreichen Kunden feierlich einweihen. DER MASCHINENBAUER KANNEGIESSER WICKELT DIE AUFTRÄGE FÜR DEN „NOT-FALL“ VOSS BEVORZUGT AB.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 57 Zunächst stehen der Wäscherei zwei große Hallen zur Verfügung, getrennt durch einen Zwischenhof. Der verschwindet allerdings schon ein Jahr später unter einer weiteren Halle. Für die Verwaltung werden am neuen Standort moderne, helle Büros eingerichtet. 2012 wird der Warenausgang in eine neue Expeditionshalle mit 2.500 qm verlegt. An dem abgebrannten Standort in der Rhein- straße bleibt dann nur noch das Textillager bestehen. Rund 45 Tonnen Wäsche werden die beiden Wäschereien an der Viehhof- und Gasstra- ße nun wieder täglich bearbeiten. Dabei teilt sich die Textil-Logistik in fünf Bereiche: Die Stationsversorgung leistet die textile Vollversorgung für Krankenhäuser mit vor- kommissionierten Artikeln aus einem Miet- wäschepool. Das Textilcontrolling überprüft und reguliert dabei den kostenstellenbezo- genen Verbrauch, was – inzwischen zentral für Krankenhäuser – eine wirtschaftliche, bedarfsorientierte Textilmengensteuerung unter ständiger Einhaltung der Hygienevor- schriften erlaubt. Der Bereich Mietberufsbekleidung stellt at- traktive und funktionsgerechte Dienstklei- dung für Pfleger, Ärzte, Reinigungskräfte und andere Mitarbeiter von Kliniken bereit. Der Kunde kann zwischen der trägerbezo- genen oder größenbezogenen Ausstattung seiner Mitarbeiter wählen, sodass die Klei- dungsstücke datenschutzkonform mit dem Namen des Mitarbeiters oder der Größe gekennzeichnet werden. Das ermöglicht die Zuordnung zum Benutzer. Darüber hi- naus übernimmt Voss auch Änderungsar- beiten, Umtausch- und Ersatzleistungen bei Verschleiß. Für den Geschäftszweig Bewohnerwäsche erfasst und kennzeichnet Voss mit dem Pro- IN EINEM CONTAINER GESAMMELTE MIETWÄSCHE VOR DER BEARBEITUNG.ABFÖRDERUNG DER WÄSCHE ÜBER DIE AUTOMATISCHE SORTIERANLAGE.

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58 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 Persona-System über Barcodes den komplet- ten Schrankbestand der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Deren Wäsche kann so nach den Richtlinien des Robert-Koch-Ins- tituts gewaschen und formbehandelt wer- den, bevor die Textilien, nach Eigentümer sortiert, als individuelles Wäschepaket wie- der ausgeliefert werden. Das schafft zudem Transparenz für eine kostenstellenbezogene Abrechnung – zentral für die Leistungen der Pflegeversicherung. Der Bereich Lohnwäsche deckt das klassi- sche Wäschereiprogramm aller in Pflege- einrichtungen anfallenden Textilien ab. Die- se werden ausschließlich am Standort in der Viehhofstraße bearbeitet. Letztlich erweist sich der Umzug infolge des Brandes als ei- ne Chance, die Voss zu nutzen weiß: Mit ihrem umfassenden Angebot und der Mög- lichkeit, die Kapazitäten weiter zu steigern, akquiriert die Großwäscherei mehr Kunden. Die neue Betriebsstätte an der Gasstraße ermöglicht den Ausbau der Wäscherei und liegt in einem gut angebundenen Gewerbe- gebiet. Voss kann nun eine reguläre zweite Schicht einführen, ohne Anwohner nachts durch Lärm zu stören. INVESTITIONEN FÜR STEIGENDE ANFORDERUNGEN Voss bleibt bei dem Erreichten nicht ste- hen. Der Ausbau geht kontinuierlich weiter. Der Maschinenpark wird modernisiert, die Kapazität ausgebaut. 2011, nur drei Jahre nach dem Umzug, zählt Voss 300 Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter, 230 allein am neuen Standort und 70 am Viehhof. Auf fünf Waschstraßen können 60 Tonnen Wäsche in eineinhalb Schichten bewältigt werden,

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 59 DIE 2008 ANGESCHAFFTEN ZWÖLF TROCKNER.

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60 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 noch einmal 15 Tonnen mehr als drei Jahre zuvor. 2015 wird eine davon durch eine effi- zientere Kannegiesser Power-Trans Wasch- straße ersetzt. Die neue Waschstraße ver- fügt über 13 Waschkammern, die jeweils 60 Kilogramm Ladung erlauben, was die Leis- tung um vier Tonnen Wäsche pro Schicht steigert. Das erfordert die Anpassung des gesamten Ablaufs: Wegeoptimierungen in der Fördertechnik, eine neue Drei-Rollen- Mangelstraße mit Eingabemaschine und in- kludierten Hochleistungsfaltmaschinen für Groß- und Kleinteile sowie zwei neue vollau- tomatische Industrietrockner sind die Folge. Bis ins Jubiläumsjahr lässt sich die Kapazität so auf knapp 100 Tonnen steigern. 14 firmeneigene LKW und 3 Anhänger lie- fern die Wäsche an etwa 250 Kunden, rund 40 Tonnen pro Tag an Krankenhäuser und SUKZESSIVE ERWEITERT VOSS DIE KAPAZITÄTEN.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 61 20 Tonnen an Pflege- und Altenheime. Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ist Voss in der Spitzengruppe der Anbieter für Textilaufbereitung und -logistik angekom- men. Dabei erzielt der Mietwäschebereich rund 70 Prozent des Umsatzes in Höhe von rund 20 Millionen Euro, der Rest gehört der Lohnwäsche. Rund 15 Millionen Euro sind bis 2011 in den Ausbau des neuen Standor- tes geflossen, im Jubiläumsjahr 2025 werden es zwei weitere Millionen zusätzlich sein. Zu den Neuinvestitionen zählt auch, dass die Berufsbekleidung und OP-Bereichsbeklei- dung mit Transpondern statt mit Barcodes gekennzeichnet wird. Das ist eine vergleichs- MITARBEITER AM STANDORT IN DER GASSTRASSE.SAUBERKEIT UND SCHNELLIGKEIT GEHÖREN ZUM SERVICE.

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62 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 weise teure Methode, denn da für wird ein ummantelter Chip benötigt, damit er dem beim Waschen nötigen Pressdruck und den hohen Temperaturen über mindestens 100 Waschgänge standhält. Der Chip wird über Antennen ins System eingelesen, was das Scannen und damit Arbeitszeit spart. Auch stellt Voss den Krankenhäusern auf Wunsch nun Kleiderausgabeautomaten zur Verfügung, die die Ausgabe frischer Wäsche rationalisieren. Digital mit dem Schrank ver - bunden, ermittelt Voss Bestand und Ver- brauch und sorgt für reibungslosen Nach- schub. Gleichzeitig liefert das System In- formationen über Wechselhäufigkeit und Aufenthaltsort der Einzelteile. Kommt ein Textilstück abhanden, ist sein Weg digital nachvollziehbar und es kann entsprechend in Rechnung gestellt werden. Auf die Le- bensdauer der Wäsche gerechnet lohnt sich die Investition. Am Viehhof, wo hauptsächlich Lohnwäsche bearbeitet wird, entsteht bis Frühjahr 2013 eine neue Lager- und Kommissionierungs- halle, in die drei Produktionsabteilungen ziehen. Den gewonnenen Platz nutzen die Kollegen nun zur Organisation der täglichen Kundentouren für den Fuhrpark. Das spart den Transport von bis zu 90 Containern an die Gasstraße, wo bis dato die Fuhrlogistik abgewickelt worden ist. Das spezialisierte Know-how rund um den Wäscheservice für Krankenhäuser und Pfle- geeinrichtungen erfordert nicht nur intelli- gente Logistik, sondern höchste Aufmerk- samkeit für die Hygiene. GEMEINSAM STÄRKER: KOOPERATIONEN Für den gesamten Bereich OP-Versorgung kann Voss auf die Kooperation mit der Dec- tos-Gruppe, dem Verbund von Wäschereien mit Spezialisierung im Gesundheitssektor, zurückgreifen. Einige Mitglieder haben die Aufbereitung wiederverwendbarer textiler OP-Systeme wie OP-Abdeckmaterialien und -Mäntel aus Microfaser und Trilaminatge- weben im Programm, die nach der Wäsche eingehend auf Leuchttischen auf mögliche Perforationen untersucht werden müssen. Auch dafür gilt eine entsprechende europä- ische Norm: DIN EN 13795. In dem bundes- weit tätigen Verbund bietet auch Voss eine sterile OP-Versorgung an. Im Gesundheitswesen hat in den letzten Jahren ein starker Konzentrationsprozess dazu geführt, dass immer mehr vormals un- abhängige Krankenhäuser von regional oder sogar bundesweit tätigen Trägern übernom- men werden. Der Wäscherei-Verbund stärkt seine Mitglieder in diesem Markt, denn ge- meinsam kann man Angebote abgeben, die sich an den jeweiligen Träger mit zahlrei- chen Kliniken an verschiedenen Standorten wenden. So vergibt 2012 die Sana Tex den Auftrag für die Versorgung ihrer Kliniken an die Dectos-Gruppe. Die Sana Tex war kurz zuvor von der Sana Kliniken AG aus Mün- chen gegründet worden und übernimmt für medizinische Einrichtungen der Sana- Gruppe mit 27 Standorten die Wäschever- sorgung – in Kooperation mit zahlreichen Wäscherei-Partnern. Innerhalb der Dectos-Gruppe führt dies zu einer noch intensiveren Zusammenarbeit,

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 63 tember 2013, gemeinsam mit den beiden Wäschereiunternehmen Sitex in Minden und Ullmer in Bad Neustadt, die Weiss Tex GmbH in Miltenberg bei Frankfurt. Damit baut die Gruppe ihre Marktanteile nachhaltig aus. denn jedes einzelne Mitglied muss für den neuen Auftrag die gleiche Dienstleistung erbringen, ein einheitliches Wäschesorti- ment zur Verfügung stellen und einheitlich abrechnen. Der Abstimmungsbedarf steigt. 2013 beschließt die Gruppe, den engeren Zusammenschluss auch nach außen zu kommunizieren. Als sichtbares Zeichen der Neuaufstellung wird Dectos zu Sitex umbe- nannt. Zum Rebranding gehört ein Image- Film, für den unter anderem Voss als attrak- tiver Standort ausgewählt wird. Im Septem- ber rückt eine Filmcrew an und dreht einige Teile des Films in Wuppertal. Zusammen ist man im Verbund stärker. Die Gruppe kauft gemeinsam ihre Wäsche und erzielt so bessere Preise. Die Mitglieder ste- hen in engem Austausch und lösen Prob- leme kooperativ. Für Messen lässt sich ein schlagkräftiger Auftritt organisieren. 2013 übernimmt Voss über einen Rahmenver- trag mit der HELIOS-Gruppe zwei Kliniken in Wipperfürth und Holthausen in Vollversor- gung. 2016 folgen weitere Krankenhäuser der HELIOS-Region West, später die Allo- heim Seniorenwohn- und Pflegeeinrichtun- gen und die Agaplesion-Kliniken. Über den Verbund festigt Voss seine Position im Wett- bewerb: Krankenhaus- oder Pflegeheimträ- ger übernehmen weitere Einrichtungen. Die Wäschereiaufträge werden oft innerhalb der bestehenden Rahmenverträge verge- ben. Auch wenn ein bestehender Einzelkun- de seine Unabhängigkeit aufgibt, hilft ein Rahmenvertrag der Gruppe, um den Kun- den zu halten. So wächst Voss gemeinsam mit den Auftraggebern. Als größte Vereinigung familiengeführter, eigenständiger Wäschereien in Deutschland bemüht sich Sitex auch, Lücken zu schließen und so ihr Angebot flächendeckend auszu- weiten. Voss übernimmt deshalb im Sep- TAGUNG DER SITEX-GRUPPE BEI DER FIRMA ULLMER IN BAD NEUSTADT.

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64 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 SITEX – ÜBERALL IN DER NÄHE Die Sitex entwickelt sich 2013 aus der Dec- tos-Gruppe (Deutsche Cooperation textiler OP-Systeme), einem lockeren Verbund von Wäschereien im Geschäft mit Kliniken. Der Name geht zurück auf einen der Partner- betriebe, der sich seit den 1990er Jahren um den Aufbau einer nationalen Gruppe bemühte: die Simeonsbetriebe in Minden, heute Zentrale der Sitex-Gruppe. Die Sitex-Gruppe ist die größte Vereinigung familiengeführter, eigenständiger Wäsche- reien in Deutschland. Rund 5.000 Mitarbeiter bearbeiten täglich 900 Tonnen Wäsche und statten über 340.000 Krankenhausbetten mit Textilien und über eine Million Belegschafts- mitglieder mit Berufsbekleidung aus. Überall bearbeitet die Sitex-Gruppe Schwerpunkte im Gesundheitswesen, in Pflege einrichtungen, Industrie und Handel, an einigen Standorten darüber hinaus Hotels und Gastgewerbe. 16 Partnerbetriebe mit 25 Standorten ar- beiten flächendeckend in ganz Deutsch- land: Abel in Anger-Aufham (BY), Busch in Bärenbach (RP), Frey in Burgau (BY), GWH in Hildesheim (NI), Kabus in Bad Saulgau (BW), Kafa in Baiersbronn (BW), KDS in Blaichach (BY), Moog in Gemünd (NW), Ring in Waib- lingen (BW), Saana Tex in Idar-Oberstein (RP), Sitex in Minden, Porta Westfalica und Lemgo (NW), Wildeshausen (NI), Rendsburg und Kaltenkirchen (SH), Rostock (MV) sowie in Genthin und Köthen (ST), Top Clean in Lohberg (BY), Ullmer in Schmalkalden (TH) und Bad Neustadt (BY), Voss in Wuppertal (NW), Weiss Tex in Miltenberg (BY) und Widi in Lüdenscheid (NW). T E X T I LR E I N I G U N G FR E Y

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66 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 DAS WICHTIGSTE KAPITAL: DIE MITARBEITER Parallel zu dem engeren Zusammenschluss mit der Sitex-Gruppe wächst Voss: Die Zahl der Mitarbeiter steigt bis 2013 auf 321, davon 257 in Vollzeit, 13 in Teilzeit und 51 geringfügig Beschäftigte. Das Team leistet zahlreiche Überstunden – oft wird zusätzlich samstags gearbeitet, um alle neuen Aufträ- ge zufriedenstellend zu bewältigen. Das will Voss ändern und über einen konti- nuierlichen Personalaufbau das nachhaltige Wachstum sichern. Doch neue Mitarbeiter zu gewinnen, wird immer schwieriger und das Unternehmen findet neue Wege für das Recruiting. Schulen im direkten Umfeld der Betriebe werden angesprochen und 2013 kooperiert Voss erstmals mit der Sankt-Lau- MODERNE CHIP-TECHNO-LOGIE UNTERSTÜTZT DIE MITARBEITER BEI DER ARBEIT.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 67 rentius-Schule in Wuppertal-Elberfeld. Nun erkunden Schülerpraktikanten die Welt des Wäschereiwesens bei Voss. Weitere Schulen wie die Erich-Fried-Gesamtschule in Rons- dorf folgen. Auch nimmt das Unternehmen nun regelmäßig an Berufsorientierungsbör- sen teil und arbeitet mit der Talent Com- pany der Strahlemann-Stiftung zusammen. Die Einrichtung multimedialer Räume zur Talentfindung und Berufsorientierung soll die Jugendlichen bei der Berufswahl unter- stützen. Ein neuer Facebook-Auftritt wendet sich 2013 an jugendliche Berufsanfänger, 2015 entsteht ein neues Ausbildungsvideo. Die Maßnahmen zeigen Wirkung: Schon 2015 hat sich die Zahl der Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz bei Voss verdoppelt. Sieben junge Menschen absolvieren ihre Ausbildung zum Textilreiniger nun bei Voss. Die Zuordnung eines persönlichen Paten für jeden Einzelnen sorgt dafür, dass Fragen und Probleme direkt und unkompliziert ge- löst werden können. Auch die Zahl gewerblicher Mitarbeiter wächst, sodass 2015 schon 410 Mitarbeiter- innen und Mitarbeiter zu Voss gehören. Bis zum Jubiläumsjahr 2025 kommen weitere Mitarbeiter dazu, sodass nun 450 Menschen bei Voss Beschäftigung finden. VON DER AUSZUBILDENDEN ZUR ABTEILUNGSLEITERIN.

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68 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 69 MIT MEHR WASCHLEISTUNG MÜSSEN AUCH WEGE UND FÖRDERTECHNIK OPTIMIERT WERDEN.

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70 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 Auch wenn bei einer so großen Zahl von Mitarbeitern das familiäre Betriebsklima der Anfangsjahre kaum mehr aufrechtzuer- halten ist, versuchen die Verantwortlichen, den Geist des Familienunternehmens in die neue Zeit zu transportieren. Die Geschäfts- leitung ist oft in der Produktion zu finden, wo sie immer wieder Hand anlegt, wenn Not am Mann ist. Bei den Umbauten am Viehhof entstehen neue Sozialräume, die das Arbeitsklima entscheidend verbessern: Der lichtdurchflutete Aufenthaltsraum bie- tet eine Einbauküche mit Getränke- und Snackautomaten. Großzügige Dusch- und Umkleideräume sind mit Spinden für jeden Mitarbeiter ausgestattet. Regelmäßige Betriebsfeiern stärken den Zusammenhalt. Aus der Belegschaft he- raus sind Weihnachtsfeiern entstanden. Im Wechsel lädt die Geschäftsleitung zu einem Schiffs ausflug auf dem Rhein, auf das firmeneigene Oktoberfest oder zu unter einem Motto stehenden Sommerfest. Für ihren Service ist die Firma Voss in hohem Maß auf die Motivation und das Können ih- rer Mitarbeiter angewiesen. Nur dadurch lässt sich die Qualität sichern. Auch ist direk- te und freundliche Kundenansprache not- wendig, wodurch sich Irritationen unkom- pliziert aus dem Weg räumen und die Leis- tungen verbessern lassen. Gehen aus einer BETRIEBSAUSFLUG AUF DEM RHEIN IM AUGUST 2016.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 71 Klinik oder einem Altenheim persönliche Ge- genstände verloren, tauchen sie schon mal in der Wäscherei wieder auf und es bedarf auf- merksamer Mitarbeiter, um Brillen, Zahnpro- thesen und Hörgeräte wieder an den Besitzer zurückzugeben. Ebenso ist die Firma auf die Bereitschaft angewiesen, Überstunden auch an Feiertagen zu leisten, denn der Kranken- hausbetrieb geht natürlich an Festtagen wei- ter und braucht dafür saubere Wäsche. NEUE HERAUSFORDERUNGEN . 2020–2025 Als sich Anfang des Jahres 2020 das neuar- tige SARS-CoV-2-Virus in atemberaubender Geschwindigkeit weltweit verbreitet, steht Voss plötzlich vor ganz neuen Herausfor- derungen. Nur wenige Verwaltungsange- stellte können von zu Hause aus arbeiten, die gewerblichen Mitarbeiter werden in der Wäscherei gebraucht. Dort sind die Ab- standsregeln nur schwer einzuhalten. Die Vorgabe konstanter Kontaktgruppen, um Ansteckungsketten nachverfolgen zu kön- nen, erfordert neue Dienstpläne. Masken sind zunächst Mangelware, Voss lässt sie bei einem Textillieferanten für seine Kran- kenhaus-Kunden produzieren. Dann fehlen den Kliniken Infektionsschutzkittel. Auch die besorgt Voss für seine Kunden. Zunächst sind die Krankenhäuser jedoch nicht ausgelastet. Nicht lebensnotwendi- ge Operationen werden aufgeschoben, die meisten Menschen vermeiden, wenn mög- DAS VOSS-SOMMERFEST 2014 UNTER DEM MOTTO „1970ER JAHRE“.ROLF-PETER VOSS UND FALKO LANGE, DER 53 JAHRE BEI VOSS BESCHÄFTIGT IST.

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72 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 lich, einen Klinikaufenthalt. Das bringt auch für Voss weniger Arbeit. Die Schichten wer- den verkürzt, Zeitkonten abgebaut. Dadurch lässt sich Kurzarbeit vermeiden. Dann ruft die positive Testung von fünf Mit- arbeitern das Gesundheitsamt auf den Plan. Die Angst vor der Schließung der Wäsche- rei wächst. Erst die Fürsprache zahlreicher Krankenhauskunden und die Vorsprache der Geschäftsleitung bei der Stadt führen zu einem Umdenken bei den Behörden. Ohne die Dienste ihrer Wäschereien kön- nen auch die Krankenhäuser nicht arbeiten. Die Großwäscherei Voss ist systemrelevant. Nun rückt einmal wöchentlich das Gesund- heitsamt zur Testung aller Mitarbeiter an. Später baut Voss ein eigenes Testzentrum auf und erhöht so das Sicherheitsgefühl der Mit arbeiter. Gleichwohl führen die Quaran- täneregeln, die nicht nur Infizierte, sondern auch deren Kontaktpersonen in Isolation schicken, zu Ausfällen. Als die Regierung Aus gangssperren verhängt, muss Voss Son- der genehmigungen für die Mitarbeiter er - wirken. Die weltweite Pandemie ist noch nicht voll- ständig unter Kontrolle, die Hygienemaß- nahmen sind noch nicht vollständig aufge- hoben, da marschiert im Februar 2022 die russische Armee in die Ukraine ein mit dem Ziel der Einnahme der Hauptstadt Kiew. Als Reaktion darauf beschließt die EU, kein rus- sisches Öl oder Gas mehr zu kaufen. Jetzt schnellen die Energiepreise in die Höhe: Gas- und Strompreis verdreifachen sich bei- nahe. Voss benötigt sehr viel Gas, vor allem für den Betrieb der Trockner und Finisher. Es entstehen Mehrausgaben von 1,2 Millio- INDIVIDUELLE TEXTILLOGIS-TIK VON DER ABHOLUNG BIS ZUR RÜCKLIEFERUNG.2020 LÄSST VOSS ATEMSCHUTZMASKEN BEI EINEM TEXTILLIEFERANTEN HERSTELLEN.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 73 nen Euro. Dazu kommen Strom und Kraft- stoff für die Lkw-Flotte. Teilweise verbieten laufende, über Aus- schreibungen geschlossene Verträge mit Kliniken und Pflegeeinrichtungen Preisan- passungen. Selbst frei verhandelte Verträge sehen Anpassungen aufgrund steigender Energiepreise nicht vor, auch wenn sie nicht explizit ausgeschlossen werden. Für Voss ist die Situation existenzgefährdend, denn für Preiserhöhungen ist die Firma weitgehend auf den guten Willen der Kunden angewie- sen. Ein anstrengender Verhandlungsma- rathon beginnt, Wirtschaftsprüfer erstel- len Gutachten. Ständiger Begleiter ist die Gefahr drohender Gasknappheit, die Voss endgültig die Geschäftsgrundlage entzie- hen könnte. Letztlich kann Voss die Verträ- ge zumindest ein Stück weit anpassen. Voss hat seine Kunden mit großem Engagement durch die Corona-Krise gebracht, das zahlt sich jetzt aus. Die langjährige gute Zusam- menarbeit kann gesichert werden und Voss weiter seine Aufträge als kompetenter Part- ner im Gesundheitswesen erfüllen. TEXTILE SYSTEMLÖSUNGEN HÄNGEN AUCH VOM EINSATZ DIGITALER WERKZEUGE AB.

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74 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 100 JAHRE UND MEHR Auch im Jubiläumsjahr sind die Sorgen um die Zukunft nicht kleiner geworden. Die Un- sicherheit in den internationalen Beziehun- gen wächst. Das kann sich weiter negativ auf die Energiepreise auswirken. Mit den letzten Reformen im Gesundheitswesen drohen bundesweite Krankenhausschlie- ßungen. Der Markt schrumpft. Doch Voss blickt zuversichtlich in die Zu- kunft. Im Laufe seiner 100-jährigen Ge- schichte hat das Unternehmen zahlreiche Krisen überwunden und ist auch unter schwierigsten Umständen zur heutigen Grö- ße herangewachsen. Als Teil einer starken Gruppe gewinnt Voss Verhandlungsmacht. Gemeinsam mit Sitex lassen sich die Be- dürfnisse der Großwäschereien besser in Verhandlungen mit Großkunden einbringen als das als Einzelkämpfer der Fall wäre. In der stark gewachsenen Belegschaft kann sich Voss auf die Motivation und Kompe- tenz seiner Mitarbeiter verlassen. Wenn es hart auf hart kommt, wie nach dem Brand 2007, ziehen alle an einem Strang. Ab 2024 passt Voss sein Logo optisch dem der Sitex- Gruppe an. In der Folge wird die Homepage überarbeitet und modernisiert. 2025 feiert Voss zwei Tage hintereinander mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern den 100. Ge- burtstag des Betriebs. Dafür wird das ehe- malige Empfangsgebäude des Barmer Bahn- hofs angemietet, seit den 1990er Jahren ein beliebter Ort für Feiern. Perspektivisch werden künstliche Intelligenz und Robotik im Produktionsbereich eine grö- ßere Rolle spielen. Voss weiß auch: Arbeits- kräfte sind knapp, die Löhne werden steigen und damit auch die Preise für die Dienst- leistungen von Großwäschereien. Weitere

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 75 DER FIRMENEIGENE FUHRPARK SORGT FÜR EINE ZUVERLÄSSIGE LOGISTIK.

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76 TEXTILE DIENSTLEISTUNGEN | 100 JAHRE VOSS | 1925–2025 DIE WUPPERTALER SCHWEBE BAHN WIRBT IM JUBILÄUMSJAHR FÜR DIE BEWÄHRTE VOSS-QUALITÄT.

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4. KAPITEL | WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT | 2007–2025 77 Investitionen in die Zukunft stehen an: in die Belegschaft, den Ausbau der Standor- te und die Lieferlogistik. Die Waschleistung von mittlerweile 6,5 Tonnen pro Stunde wird perspektivisch weiter steigen. Immer stärker rückt darüber hinaus das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus von Miriam Paul und Melanie Voss-Franke, der Geschäftsleitung in inzwischen vierter Ge- neration. Die Installation eines Aquacyclers 2012, eines Feinfiltrations-Systems, das Spül - wasser filtert und dem Prozess wieder zu- führt, senkt den Frischwasserverbrauch um 25 Prozent. Als Ausgleich für den CO₂-Ausstoß der Groß- wäscherei unterstützt Voss „plant for planet“. Allein 2024 pflanzt die Organisation fast 1.000 Bäume für Voss in Mexiko. Gleichzeitig bemüht sich Voss ständig um die Reduzierung des eigenen CO₂-Fuß ab- drucks. Modernste Anlagen sorgen nicht nur für eine schnelle und effiziente, son- dern auch für die nachhaltige Bearbeitung der Wäsche. Im Verbund mit Sitex treibt Voss die Verwendung von Tencel-Fasern für die Mietberufsbekleidung voran. Die Faser auf der Basis von Zellulose benötigt im Ver- gleich zu Baumwolle weniger Anbaufläche, der Grundstoff wird aus nachhaltiger eu- ropäischer Forstwirtschaft gewonnen. Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen hal- ten Sitex-Mitglieder ein vollständig mit dem „Grünen Knopf“ zertifiziertes Sortiment vor, einem staatlichen Siegel zur Kennzeichnung nachhaltiger Textilien. Denn das Unterneh- men will mit der Ressource Natur so um- gehen, dass auch Kinder und Kindeskinder noch lange etwas davon haben, sodass Voss auch in Zukunft, wie in den vergangenen 100 Jahren, individuelle Textillogistik in op- timaler Qualität bereitstellen kann.

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78 DANK | ARCHIVE | BILDNACHWEIS | LITERATUR HERZLICHEN DANK FÜR AUSFÜHRLICHE INTERVIEWS AN Beate Bruckmann, Jutta Brück, Miriam Paul, Ottfried Priegnitz, Michael Schäfer, Petra Schäfer, Martin Vöhl, Rolf-Peter Voss, Melanie Voss-Franke. ARCHIVE Stadtarchiv Wuppertal Voss Firmenarchiv BILDNACHWEIS Alle Bilder aus dem Bestand der Großwäscherei Voss GmbH, außer: S. 11 links: Wikimedia Commons, S. 11 rechts: Drilandmuseum der Stadt Gronau (Westf.), Fotograf Emil Schoppmann. LITERATUR UND INTERNETRESSOURCEN Berufe-Enzyklopädie, Berufe dieser Welt, online unter: berufe-dieser-welt.de/waescherin/.

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ANHANG | LITERATUR UND INTERNETRESSOURCEN 79 Deutsche Bundesbank: Kaufkraftäquivalente historischer Beträge in deutschen Währungen, online unter: bundesbank.de/de/statistiken/ konjunktur-und-preise/nationale-erzeuger-und-verbraucherpreise/ kaufkraftvergleiche-historischer-geldbetraege-775308#tar-5. Einwohnerbuch der Stadt Elberfeld 1925, 1926, 1927, 1928, 1930. Forschungsprojekt „Jüdische Bürger in Wuppertal und Umgebung zur Zeit des Nationalsozialismus“, ns-verfolgung.uni-wuppertal.de/ einleitung/?Projekt=JBW (herzlichen Dank an Prof. Dr. Manfred Brusten). Fritz Heiermann GmbH, online unter: www.fritz-heiermann.de/ unternehmen/die-heiermanns-seit-unternehmensgruendung/. Landeszentrale für Politische Bildung RLP: Rheinwiesenlager, online unter: https://rheinwiesen-lager.de/. Museum Digital Westfalen, online unter: westfalen.museum-digital.de/object/13191. Wissen rund um die Hauswirtschaft, online unter: hauswirtschaft.info. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags: Von der Bankenkrise 1931 zur Bankenenquete 1933, online unter: bundestag.de/resource/blob/503678/916ebf672d2f30b464883c7e8a7 2e512/von-der-bankenkrise-1931-zur-bankenenquete-1933-data.pdf. Wuppertaler Stadtwerke GmbH: 100 Jahre BEV, online unter: wsw.info/ausgabe-181/artikel/100-jahre-bev/.

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80 IMPRESSUM HERAUSGEBER Großwäscherei Voss GmbH Gasstraße 26–30 42369 Wuppertal-Ronsdorf RECHERCHE UND TEXT Britta Stücker Dr. Andrea Weindl Geschichtsbüro Reder, Köln geschichtsbuero.de REDAKTION UND BILD Miriam Paul Melanie Voss-Franke Dr. Andrea Weindl Geschichtsbüro Reder, Köln GESTALTUNG Heike Merzhäuser, GRAFIK + DESIGN, Bonn design-grafik.de DRUCK Bernd Rölle, Medienproduktion, Köln berndroelle.de © Großwäscherei Voss GmbH, 2025

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